AIV Vortrag am 11.04.2016: Die Bauten der Familie Czapski – Jüdisches Großbürgertum in Berlin

Die jüdische Familie Czapski kam im 19. Jahrhundert von Posen nach Berlin und gründete Fabriken sowie Warenhäuser für Textilien, Schuhe, Nähmaschinen und Möbel. Anhand des verwandtschaftlichen und gesellschaftlichen Netzwerks um 1900 wird der Beitrag des jüdischen Großbürgertums in der Entwicklung Berlins im Bankwesen, Kunsthandel, der Infrastruktur und der Stadtentwicklung nachgezeichnet.

Ausgehend vom jüdischen Viertel in der Altstadt Berlins waren die Czapskis beteiligt an der westlich orientierten Stadtentwicklung Richtung südliche Friedrichstadt und den Villenkolonien in Tiergarten, Grunewald und am Wannsee. Im Zentrum des Vortrags steht das vom Architekten Adolf Wollenberg geplante luxuriöse Möbel- und Einrichtungskaufhaus Flatow & Priemer im Tiergartenviertel, zu dessen Kunden vor allem begüterte Bewohner des Viertels gehörten. Da die Czapskis auch als Kunsthändler tätig waren, wird der benachbarte Salon Cassirer beleuchtet. Ende der 20er Jahre war das Haus Flatow & Priemer gesellschaftlicher Treffpunkt der Deutsch-Französischen Gesellschaft, dessen Präsidium neben Felix Czapski auch Albert Einstein, Thomas Mann und Konrad Adenauer angehörten.

Kurz vor dem ersten Weltkrieg beauftragte die Familie Adolf Wollenberg mit dem Bau zweier repräsentativer Villen in der Bismarck- und Königsallee in der Grunewald-Kolonie. In der Weimarer Republik konnte Felix Czapski den Architekten Wilhelm Keller für den Bau eines luxuriösen Landhauses in der Alsenkolonie am Großen Wannsee gewinnen. Alle Bauten wurden in der Nazizeit arisiert, das Kaufhaus Flatow & Priemer wurde im Zweiten Weltkrieg von Bomben zerstört, die Ruinen nach dem Krieg abgerissen. Der Abriss der Villa am Wannsee machte in den 70er Jahren Platz für Geschosswohnungsbau. Nur die beiden Villen im Grunewald sind noch heute erhalten. Felix Czapski (Bonnet) konnte 1936 in die USA emigrieren und leitete als Business Manager bis zu seinem Tod 1956 das Büro von Mies van der Rohe in Chicago.

Sören Bott-Czapski hat internationale Agrarentwicklung und Medienberatung studiert. Seit 1994 arbeitet er in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Berlin.

Wir freuen uns auf einen interessanten Abend am Montag, den 11.04.2016 um 19:00 Uhr im AIV, Bleibtreustrasse 33, 10707 Berlin. Anmeldung erbeten: mail@aiv-berlin.de

Grunewaldvilla 1