AIV- Salon: Auswege aus der Wohnungskrise

Bericht zum AIV- Salon am 16.11.15 Wo steht der Berliner Wohnungsbau?

Moderation: Ephraim Gothe

Grit Schade (Leiterin der Wohnungsbauleitstelle Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt)
Dr. Jörg Lippert (BBU- Verband Berlin- Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V.)
Jutta Kalepky (SRL e.V.- Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung e.V.)

Die Einwohnerzahl von Berlin wächst schneller als in den letzten Jahren prognostiziert und stieg auf ein Rekordniveau. 2014 lebten 3.562.166 Einwohner in der Stadt. Und damit nicht genug, stellt die Versorgung der Flüchtlinge mit Wohnraum Berlin in den kommenden Jahren vor unerwartete Herausforderungen. Die Planungen der letzten Jahre sind damit hinfällig und müssen korrigiert werden. Bereits in den letzten Jahren zeichnete sich ab, dass die Prognosen für den Bevölkerungszuwachs im Stadtentwicklungsplan von der Realität eingeholt werden würden. Zwischen 2011 bis 2014 zählte das Land 175.000 mehr Personen.

Statt von den bisher geplanten 10.000 Wohnungen jährlich gehe man nun von einem Neubaubedarf von 15. 000 Wohnungen und weiteren 15. 0000 für Flüchtlinge aus, wie die Leiterin der Leiterin der Wohnungsbauleitstelle Grit Schade im 7. AIV-Salon erläuterte. Wo steht der Berliner Wohnungsbau, darüber diskutierten am 16. November in der bis auf den letzten Platz besetzten AIV-Geschäftsstelle Mitglieder und Gäste des AIV zusammen mit  Dr. Jörg Lippert vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V und Jutta Kalepky von der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung e.V. Ephraim Gothe, AIV-Vorstandsmitglied, moderierte das Gespräch.

Wo viel Platz für möglichst viele Wohneinheiten in Berlin zu finden sei, zeigte Grit Schade mit einer Realisierungseinschätzung auf mit jeweils mehr als 250 möglichen Neubauwohnungen.
Große Wohnungsneubaustandorte in Berlin – RealisierungseinschätzungInfrage kommen Flächen in der Historischen Mitte und am Alexanderplatz ebenso wie in Buch, Köpenick oder in der Europacity. Alles Standorte in der Inneren Stadt oder am Innenstadtrand, in der Nähe von Schnellbahnstationen oder in sehr attraktiven Wasserlagen. Ein Gesamtpotential von ca. 220.000 Neubauwohnungen.

Wohnungsbauleitstelle

Die Zeit drängt und damit das Bauen schneller geht, plant der Senat ein Wohnungsbaubeschleunigungsgesetz, das Grit Schade als einen Teil der wohnungspolitischen Strategie des Senats an diesem Abend vorstellte. Zum Beispiel werden so Baumfällungen für Grundstücke erleichtert auch ohne Baugenehmigung.
Ohne die Strategie des Senats grundsätzlich in Zweifel zu ziehen, zeigten doch viele Statements des Abends, dass es ganz so schnell dann vielleicht doch nicht gehen wird wie erhofft. Dr. Jörg Lippert verwies Schwierigkeiten bei der Akquirierung von Flächen hin wie unbekannten Altlasten und Bürgerproteste, mit denen sich Bauherren immer wieder konfrontiert sehen.
Ephraim Gothe skizierte, die große Lösung für Berlin lasse sich nur unter Einbeziehung des Berliner Umlandes finden. Warum aber Potenziale brachliegen lassen wie die Flächen am Rand des Tempelhofer Feldes, die dem Land Berlin  gehörten und damit allen Bürgern der Stadt, gab Jutta Kalepky zu bedenken. Die nach dem Volksentscheid bis auf weiteres nicht bebaut werden dürfen. Aber auch das ließe sich ja ändern.

Klar wurde an diesem Abend aber auch, Berlin muss nicht nur schnell und mehr bauen. Es muss vor allem mehr günstiger Wohnraum geschaffen werden. 54 % der Berliner Haushalte hätten theoretisch einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein. Aber auch bezahlbare Mietshäuser müssen finanziert werden und sich rechnen, die der Senat auf verschiedene Weise zukünftig zwar stärker fördern will. Einmal mehr aber stellte sich damit auch die Frage, ob günstigeres Bauen nicht mit einer Vereinfachung des Baurechts, einer geringen Wohnfläche pro Kopf und einfacheren Standards bei der Ausstattung möglich sei? Eine Frage, die gerade auch im Zuge der Flüchtlingskrise wieder neu gestellt wird, nicht nur wenn es darum geht sie kurzfristig unterzubringen.
Wegen des immensen Bevölkerungswachstums 50.000 Wohnungen müssten nach einer Expertise des Pestel-Instituts voraussichtlich allein dieses Jahr in Berlin gebaut werden. 10.-12.000 könnten es werden gegenüber rund 6700 2014. Dass ‚neues Wohnen‘ in Berlin möglich ist, mehr, auch schneller und günstiger und mit einer angemessenen Lebensqualität, war wohl keine offene Frage an diesem Abend.

Nur wie – darüber wird es auch zukünftig noch viel Klärungsbedarf geben – in einem der nächsten AIV-Salons.

Jörg Brause – Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin,

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