ICC – Fass ohne Boden oder Projekt mit Wertschöpfung

 

Von Prof. Dr. h.c. Wolfgang Schuster und Dipl. Ing. Uwe Hameyer

Erneut werden Kosten in den Raum gestellt, die so divergieren, dass den Bürger wieder das Gefühl beschleicht, hier wird mit den Kosten von Bauvorhaben Politik gemacht.

Das ICC ist stark sanierungsbedürftig, es ist nach wie vor für Kongresse begehrt, entspricht aber nicht mehr den internationalen Standards. Nach 33 Betriebsjahren ist das ICC wie alle Gebäude dieses Alters verbraucht: die Funktionen gehören auf den Prüfstand, die technischen Anlagen sollten nach dem neuesten Stand der Technik ersetzt werden, die energetischen Anforderungen müssen angepasst werden, Schadstoffe müssen beseitigt werden und verbrauchte Bauteile müssen erneuert werden.  Ein ganz normaler Vorgang. Der Bausenat hatte die Kosten kalkuliert und rund 185 Mio € für diese Sanierung veranschlagt.

 Die meisten Beteiligten wissen nicht genau warum, aber gegenüber dieser kalkulierten Summe haben sich die Planungsbedingungen aus für die Öffentlichkeit nicht nachvollziehbaren Gründen verändert. Folglich wurden weitere Gutachten aufgestellt, die die Kosten der Sanierung jetzt auf rund 340 Mio. € steigern. Die Änderungen der Planungsparameter sind nicht öffentlich bekannt und somit ist die Kostenexplosion für die Fachöffentlichkeit nicht nachvollziehbar.

Bau- und Sanierungsvorhaben im Bereich der Messe Berlin rufen den AIV zu erhöhter Wachsamkeit auf. Der Abriss der Deutschlandhalle fand nicht die Zustimmung der Mitglieder des AIV und des überwiegenden Teils der Fachöffentlichkeit in Berlin. Bei aller Kritik am Verfahren zur Beseitigung der Deutschlandhalle und dem Neubauvorhaben des „City Cube Berlin“ muss doch vermerkt werden, dass die Kosten für das Ersatzgebäude durch die Bauverwaltung und die Messe Berlin mit knapp 75 Mio. € vergleichsweise niedrig gehalten wurden. Es ist uns allerdings nicht bekannt, ob in diesen Kosten alle Aufwendungen für einen vergleichbaren Kongressbetrieb enthalten sind.

Der City Cube Berlin ist nicht nur eine zweigeschossige Messehalle sondern soll für die Zeit der Sanierung des ICC 85% der Veranstaltungen aufnehmen, die normalerweise im ICC gebucht sind. Diese Zwischenlösung kann und wird das ICC nicht ersetzen, da sie gewählt wurde, um die Einschränkungen und Mehrkosten für eine Sanierung bei laufendem Betrieb zu vermeiden. Dies ist öffentlich klarzustellen, um dem Eindruck entgegenzutreten, hier würde für 75 Mio EUR eine Leistung erbracht, die eine teurere Sanierung des ICC nicht rechtfertigt.. Es fehlen offensichtlich Informationen, die zur Bewertung des Sanierungsvorhabens auf den öffentlichen Tisch gehören.

Erst einmal scheint es, dass der Senat von Berlin das ICC erhalten will. Dies ist eine Entscheidung, die der AIV begrüßt. Das ICC ist wie der Funkturm oder das Brandenburger Tor ein unverzichtbares Wahrzeichen der Stadt. Der Symbol-Wert des ICC speist sich aus der unverwechselbaren äußeren Erscheinung wie dem futuristischen Innenleben Der Senat und die Messe Berlin GmbH sind gut beraten, gemeinsam für den Erhalt des Gebäudes zu wirken.

Dabei gilt es jedoch, die Sanierungskosten nicht ins Unvorstellbare zu steigern. Es müssen Lösungen gefunden werden, die bezahlbar sind. Auch gilt es, die interessierte Öffentlichkeit früh genug über Planungsprozesse zu informieren und beratungsoffen zu sein. Hier sind die Planungskompetenzen des Senats und der Messe GmbH sinnvoll einzusetzen und kompetent von außen zu verstärken.

Die Senatsverwaltung für Bauen ist geübt in der Mediation von Großbauvorhaben. Die Messe Berlin GmbH betreibt eine der erfolgreichsten internationalen Messestandorte. Als “Bauherrengemeinschaft” sind dies gute Voraussetzungen um einen erfolgreichen Planungsprozess zu initiieren, um den politischen Entscheidungsträgern ausgereifte Lösungen zu präsentieren, die Berlin auch bezahlen kann.

Der “Architekten und Ingenieurverein zu Berlin” wird den Planungsprozess als Fachöffentlichkeit weiterhin kritisch begleiten und ist bereit, konstruktiv an der Findung von Planungskonzepten mitzuwirken. Es ist an der Zeit, dass die Senatsbauverwaltung und die Messe Berlin GmbH die bereits vorliegenden Gutachten, die Programmanforderungen an ein saniertes ICC und die kalkulierten Kosten zugänglich machen.

 

Prof. Dr. h.c. Wolfgang Schuster, Dipl. Ing. Uwe Hameyer

Mitglieder im Vorstand des AIV

Berlin, den 12.03.2012